„Ich habe eine Richtung, in die ich laufe, aber wenn es woanders schöner aussieht, biege ich ab.“

Caro wohnt in der Nähe von Kaiserslautern und macht nächstes Jahr ihre Prüfung zur Maurermeisterin. Auf ihrem Weg dahin lagen einige Steine. Sie hat auch mal einen Umweg genommen, aber heute ist sie glücklich mit ihrer Entscheidung.

„Bau ist einfach geil“, sagt sie. „Bau hat seinen eigenen Humor, seinen eigenen Umgangston.“ Und das ist genau das, was ihr gefällt. Motiviert durch ihre Mutter begann Caro in der 11. Klasse zu überlegen, was sie später mal werden will. Alle Berufsorientierungstests lieferten ihr nichtssagende Ergebnisse: Es kam „alles und nichts“ dabei raus, auf das meiste hatte sie keine Lust und empfand diese Tests als nicht zielführend. Mit 16 Jahren war die Frage nach einem Beruf noch zu früh für Caro. Sie liebte das behütete Leben daheim und war noch nicht bereit, ihre Zukunft zu planen, geschweige denn, ihr Nest zu verlassen. Bewusst zögerte sie deswegen alles hinaus. Sie brauchte einfach mehr Zeit. Ihr gutes Abitur öffnete ihr alle Türen – wie gut, studieren könnte sie dann ja später immer noch. Ein Freiwilliges Soziales Jahr war in dieser Situation genau das Richtige, aber langfristig suchte sie nach etwas anderem. Aber wonach?

 

Mit einem Studium im Bereich „Wirtschaft und Recht“ konnte sie doch eigentlich nichts falsch machen. Sie redete ja schließlich gern und viel. In ihrem Hinterkopf wütete außerdem stets der Gedanke, dass sie ja Abitur gemacht hatte, also müsse sie studieren. Gegen den war sie erst mal machtlos.

Mit so vielen offenen Türen zeigte sich, dass Caro auch an dieser Stelle vielleicht nicht falsch abgebogen war, aber zumindest einen Umweg genommen hatte. Denn schnell stellte sie fest, dass das theoretische Studium nichts für sie ist. Ihre Zweifel wurden größer – wollte sie ihr Studium überhaupt fortsetzen? Oder sollte sie lieber die Richtung wechseln? Eines Tages suchte Caro daher während einer Zivilrechtsvorlesung Ausbildungsberufe im Bauhandwerk. Zu dieser Zeit gab es das Projekt der Handwerkskammer „Vom Studium ins Handwerk“, welches ihr half, die richtige Ausbildungsstelle zu finden: als Maurerin. Dieses Projekt gibt es in der Form nicht mehr, jedoch bietet die Handwerkskammer weiterhin großartige Unterstützung bei der Ausbildungsplatzsuche sowie dem Bewerbungsprozess an. Caro sagt, die Handwerkskammer mache einen tollen Job und dass man sich nicht scheuen sollte, diese Hilfe in Anspruch zu nehmen

Heute ist Caro glücklich, auch wenn ihre Familie erst mal einen Schrecken bekommen hat und ihre Entscheidung anzweifelte. Täglich beweist sie, dass sie mit ihren männlichen Kollegen mithalten kann. Und sie ist bereit für ihre Meisterprüfung, Weiterbildungen oder womöglich sogar eine Selbstständigkeit in der Zukunft.Caro ist ein gutes Beispiel: Körperliche Arbeit ist auch von Frauen zu meistern, wenn man die Technik beherrscht.

Heute sind Frauen auf dem Bau keine Besonderheit mehr, auch wenn sie immer noch deutlich in der Minderheit sind.

Gleichgesinnten empfiehlt Caro, sich von Rückschlägen nicht unterkriegen zu lassen und den Mut zu haben, auch noch mal einen neuen Weg einzuschlagen, wenn es sich richtig anfühlt. Sie sagt außerdem, ihr Weg zum Wunschberuf wäre deutlich kürzer gewesen, hätte sie sich von Anfang an über Praktika ausprobiert.


Die Eltern von Carolin Hamel

„Ich glaube, dass wir uns zu viel Stress gemacht haben und das einfach entspannter hätten sehen müssen.“

 

Zermürbend, anstrengend, eine Zeit voller Fragezeichen – so beschreiben die Eltern von Carolin Hamel die Phase der Berufsorientierung ihrer Tochter. Der Tag des Abschlusses rückte immer näher, ebenso die Fristen für Bewerbungen, während Caro selbst sich noch gar nicht bereit fühlte, ins Berufsleben zu starten.

Mit guten Noten und einem breiten Wissen stand die Welt für Caro offen: Selbst ihre Eltern empfanden die vielschichtigen Möglichkeiten, die junge Menschen heutzutage haben, als überfordernd. Für Caros Eltern bestand die größte Schwierigkeit darin, ihrer Tochter bei all den Möglichkeiten einen guten Ratschlag zu geben. Ein Freiwilliges Soziales Jahr, die Möglichkeit, ins Ausland zu gehen, eine Ausbildung zu machen, ein duales Studium zu beginnen oder in Vollzeit zu studieren – welcher war der passende Weg?

Schnell machten sie sich Sorgen um Caros Zukunft – alle Testangebote nutzte ihre Tochter zwar, allerdings waren die Ergebnisse wenig aussagekräftig. „Wären wir danach gegangen, wäre Caro heute Hausmeisterin. Im Facility-Management“, so Caros Mama. 

Die Situation stresste Caros Eltern, sie machten sich Druck und sahen sich plötzlich in einem Konflikt mit ihrer Tochter, der zwar nicht offen ausgetragen wurde, aber für Anspannung sorgte. Die Erwartungshaltungen gingen auseinander: Caros Eltern blickten in die Zukunft, während ihre Tochter das Hier und Jetzt genoss. Besser fühlten sie sich erst, als sich Caro für das Freiwillige Soziale Jahr entschied. Das vertagte die endgültige Entscheidung zwar nur, gab ihnen aber Luft zum Atmen und Caro Zeit, sich Gedanken über ihre Zukunft zu machen. Auch der Studienabbruch und die Entwicklung in eine völlig neue Richtung überraschten Caros Eltern nicht, irgendwie hatten sie es erwartet und unterstützten sie in ihrer Entscheidung: „Endlich sah man Caro an, dass sie Freude an einer Arbeit hatte und Zukunftsperspektiven für sich sah. Sie hatte angefangen zu planen.“

 

 

Eltern sind dann gute Beraterinnen und Berater, wenn sie ihren Kindern vertrauen und mit organisatorischer, praktischer Hilfe zur Seite stehen.

Rückblickend hätten Caros Eltern sich von Anfang an keinen Druck machen dürfen. Anderen Eltern würden sie empfehlen, ihren Kindern zu vertrauen und zu denken, dass sie wissen, was sie tun. Als Unterstützung sollten Eltern trotzdem zu jeder Zeit an der Seite ihrer Kinder stehen. Wenn sie es brauchen, können sie bei der Entscheidung an die Hand genommen, an Fristen erinnert werden, oder man kann ihnen neue Möglichkeiten aufzeigen. Erzwungen werden sollte dabei jedoch nichts – dann sind Eltern die beste Unterstützung und Beratung.


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